C´est la vie!

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Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

aus: „Stufen“ von Hermann Hesse

Liturgisch gesehen hat das Studienjahr eigentlich eine perfekte Dramaturgie: Beginnend im Sommer mit vergleichsweise wenig kirchlichen Feiertagen, durchschreitet man das Jahr, hält zu Weihnachten etwa bei der Hälfte des Studienjahrs kurz inne und bewegt sich sodann unaufhörlich auf Ostern zu, welches (in diesem Jahr) zumindest ziemlich genau den Endpunkt des Programms bildete. Unsere letzten Wochen im Heiligen Land hatten es nochmal in sich: letzte Vorlesungen zu antiker Geschichtsschreibung und dem Johannisevangelium, letzte Exkursionen und Gastvorträge, letzte Spaziergänge durch die Altstadt, letzte Besuche im Lieblingsrestaurant und viele weitere letzte Male.

Nochmal viel unterwegs: in der Negev-Wüste in byzantinischen Kirchenresten…
…über Khirbet Qeiyafa und der Stelle, wo ein unbekannter Hirtenjunge möglicherweise mal eine Steinschleuder verwendete…
…bis hin zu Jericho, wo wir wie einst die Israeliten ein Gewässer überwinden mussten, um an unser Ziel zu kommen. Nur hatten wir keinen Mose dabei…

Schließlich kam die letzte Woche, die für uns durch Abschlussreflexionen, Abschlussgottesdienst und Abschlussessen geprägt war. Es hat uns sehr berührt und gefreut, gemeinsam mit einigen unserer Dozierenden sowie vielen weiteren Menschen, die uns während dieser Zeit begleitet haben, unsere Zeit hier zu feiern und um Gottes Segen für die Zukunft zu bitten.

Dennoch wurde gerade in diesen Tagen des Öfteren das Bild von den zwei Personen, die sich verabschieden und dann doch noch weiter gemeinsam ihren Weg nachhause beschreiten, gebraucht, denn zumindest die Jerusalemer Studis hatten noch zwei weitere Wochen im Heiligen Land vor sich.

Und diese hatten es in sich! Im Verlauf des Studienjahrs läuft man ohnehin Gefahr, mit der Zeit ein beträchtliches Schlafdefizit anzuhäufen, aber die Karwoche und das Osterwochenende erreichten dahingehend ungeahnte Ausmaße. So schritten wir durch die Geschichte von Jesu Passion und Auferstehung – liturgisch in den unzähligen Gottesdiensten in der Dormitio, der Erlöserkirche, der Grabeskirche und etlichen weiteren, geografisch im Garten Gethsemane, bei Golgatha-Felsen und dem Heiligen Grab und zeitlich durch Gründonnerstag über Karfreitag und -samstag bis hin zum Ostersonntag. Hier war für etliche ein besonderes Highlight wohl die Osternacht in der Dormitio, welche um 0 Uhr begann und geschlagene 4 Stunden dauerte. Dennoch hatten einige danach noch längst nicht genug und traten die Reise auf den Ölberg zur Himmelfahrtkirche „Auguste Victoria“ an, um eine zweite Osternacht in deutscher oder englischer Sprache zu erleben, gekrönt vom Begehen des Abendmahls im Lichte der aufgehenden Sonne. Einige weitere feierliche Ostergottesdienste und ein gemeinsames Festessen mit den Mönchen und Gästen der Dormitio später waren wir aber auch froh, nach allem Feiern des Auferstandenen uns selbst zunächst einmal hinzulegen und auszuruhen.

…hin zu Karfreitag…
…und Ostersonntag!

Diese Ruhe währte selbstredend nicht für lang, denn auf den Ostersonntag folgt für gewöhnlich der Ostermontag, und an diesem wird im Heiligen Land traditionell der Gang „in ein Dorf, dessen Name Emmaus ist“ (Lk 24,13) begangen. Um 6 Uhr morgens schlurften wir zum Abendmahlssaal und begannen die Reise, mit der Zeit wurden unsere Schritte auch zusehends federnder und unsere schlaftrunkenen Augen öffneten sich langsam, um die wunderschöne Landschaft rechts und links des Weges zu betrachten. Schlappe 11 Stunden später hatten wir es geschafft und feierten in Emmaus-Nikopolis, etwa 30 Kilometer von Jerusalem entfernt, Messe mit dem Jerusalemer Patriarchen und etlichen weiteren Gläubigen.

Die darauffolgende Woche stand ganz im Sinne des Studienjahrsgeburtstags: 50 Jahre! Zu einem solch goldigen Jubiläum gehört natürlich eine gebührende Feier und zahlreiche Gäste. So versammelten in diesen Tagen viele Ehemalige und weitere Freunde des Studienjahres auf dem Zion, um gemeinsam auf Exkursionen in und um Jerusalem zu gehen, in Erinnerung an vergangene Zeiten zu schwelgen und gemeinsam den Geburtstag des Studienjahres zu feiern.

Und nun sind wir am Ende.

Am Ende von acht Monaten, die für jede*n von uns unterschiedlich waren, unterschiedliche Schwerpunkte hatten und sicher auch unterschiedlich beurteilt werden.

Am Ende von acht Monaten voller Archäologie und alter Steine, voller Bibelwissenschaft und heiliger Texte sowie voller Ökumene und wertvollen Begegnungen.

Am Ende von acht Monaten zwischen Freude und Frustration, Enthusiasmus und Erschöpfung sowie Ankommen und Aufbrechen.

Am Ende der wohl längsten Klassenfahrt unseres Lebens. Wir zerstreuen uns nun in alle Himmelsrichtungen, in den kommenden Monaten und Jahren wird man uns fast überall in Deutschland, Österreich oder der Schweiz antreffen können. Etliche Dinge, die wir in den vergangenen Monaten gelernt und erfahren haben, werden sich uns wohl erst in der Zukunft so wirklich erschließen. Die Wissens- und Erfahrungsreise, die das Studienjahr für uns auf unterschiedliche Weise angestoßen hat, dürfte weitergehen. Man darf gespannt bleiben. Krisenerprobt sind wir nach dieser Zeit allemal. Aber so ist das wohl: C´est la vie!

Herzlichen Dank an alle, die in den letzten Monaten diesen Blog gelesen haben, um so auf unseren Wegen im Studienjahr dabei zu sein!

Ein letztes Mal grüßt von dieser Stelle

das 50. Theologische Studienjahr, hier vertreten durch Carl

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