Ostergrüße aus Wien

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Der 50. Jahrgang des TSJ ist in mehreren Hinsichten ein besonderer. Wir gehören nicht nur zum goldenen Jahrgang und dürfen an der Jubiläumsfeier im April teilnehmen und mitwirken, sondern konnten Zeitgeschichte hautnah erleben.

Was wird damit gemeint? Nun, mit einer Bewerbung für das Studium in Israel–Palästina geht jede:r ein gewisses Risiko ein, Ausschreitungen und vielleicht sogar einen Raketenangriff der einen oder anderen Partei mitzuerleben. Dass wir eine Eskalation bis zum Krieg durchleben, hat sich wohl niemand in seinen kühnsten Träumen ausgedacht.

Die Angst, der Vertrauensbruch, die Hilflosigkeit und vielleicht sogar das Sterben der Hoffnung auf eine bessere politische Lösung zog sich gefühlt durch die ganze Bevölkerung. Per se sicher, mussten wir mitansehen, wie unsere israelischen Guides unter dem Einzug all ihrer Kinder in die IDF litten, wie die palästinensischen Angestellten in der Dormitio nervös ab der Un-/Sicherheit der Strassen waren. Gemeinsam litten sie durch die von der Hamas initiierten humanitären Krise.

Unvermeidlich erlebten auch wir als Jahrgang eine Spaltung. Sechs von uns wollten oder mussten in den ersten zwei Wochen nach dem Kriegsausbruch zurück nach Deutschland und in die Schweiz reisen. Anfang Dezember reiste eine Person unter dem Verzicht seines Stipendiums zurück nach Jerusalem.

Liebevoll werden wir von der Gruppe „Wiener DiDis“ genannt – Digitale Diaspora

Für uns restlichen fünf begann zur gleichen Zeit das Abenteuer Wien. Dort fanden wir im Schottenstift, einem Benediktinerkloster im ersten Bezirk, ein offenes und herzliches neues Zuhause. Bereits in den frühen 1990er Jahren nahmen sie einen gesamten Jahrgang des Studienjahres auf und haben dies in so guter Erinnerung gehalten, dass wir mehr als willkommen waren. Fortan nahmen wir täglich an der Mittagshore und dem anschließenden gemeinsamen Mittagessen mit den Mönchen teil.

Der Blick aus unseren Fenstern in der Oase auf den schönen Turm der Schottenkirche
BrändiDog wurde sehr schnell zu dem Spiel, mit dem wir zahlreiche Stunden gemeinsam verbracht haben

Wir genießen das reiche kulturelle Angebot, sei dies vorderasiatische Abteilung im Kunsthistorischen Museum, die verträumten Pärke von Schönbrunn oder der Donauinsel, die Wiener Kaffeehäuser oder die fantastische Welt der Theater und Oper. Mit dem Winter betraten drei die exzentrische Welt der Wiener Ballsaison und zwei traten gar als Debütanten auf!

Die Donauinsel lädt zu jeder Jahreszeit auf einen Spaziergang ein
Die Theaterszene in Wien ist atemberaubend, egal ob Staatsoper…
…oder Volksoper!
Auch die Ballsaison wurde ausgenutzt, hier in der Hofburg

Eine kleine Wiedervereinigung geschah Ende Januar, Anfang Februar bei der Exkursion nach Jordanien, an der zwei von uns Wiener:innen teilnahmen. Glücklicherweise stellte sich die Regenzeit für die Gruppe mehrheitlich als sonnig mit Frühlingstemperaturen heraus und konnten so in die Welt von der Bronzezeit bis zu den Umayyaden abtauchen. Weitere zwei der Studierenden in Wien machten sich auf eine eigenständige Reise nach Krakau und Auschwitz. Dort beschritten sie die Zeitgeschichte des Judentums ab dem Mittelalter bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.

Krakau
Auschwitz

Die Gruppen in Jerusalem und Wien blieben und bleiben indes immer miteinander verbunden. Das Erlebte führte einerseits zu einem unausgesprochenen Verständnis für das Gegenüber – auch wenn wir thematisch-politisch nicht immer übereinstimmen – andererseits zu regelmäßigen „Wie-geht-es-mir-Treffen“, bei denen wir uns über unsere Erlebnisse und aktuellen Gefühle austauschen. Und natürlich blieben auch die individuellen Kontakte erhalten, welche heutzutage zur WhatsApp und Co. ermöglicht werden.

Trotz all den Herausforderungen und emotionalen Achterbahnfahrten wird wohl jede:r einzelne sagen: Ich wurde um Erfahrungen und Freundschaften reicher und würd das Erlebte nicht missen wollen!

Frohe und gesegnete Ostern wünschen euch Melanie, Anna, Angela, Theresa und Raphael!

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